Seit mehr als einem halben Jahrhundert setzen sich Betroffene und Organisationen am internationalen Tag zur Sensibilisierung für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom, kurz ME/CFS, für ein wichtiges Anliegen ein: die mangelnde medizinische Versorgung dieser Erkrankung in den Fokus zu rücken.
Die Stadt Graz wollte ebenfalls ein Zeichen setzen und wird am 12. Mai den Uhrturm in strahlendem Blau erleuchten, um auf diese lange Zeit unbeachtete Krankheit hinzuweisen. Für viele, die daran leiden, ist ME/CFS gleichbedeutend mit bürokratischen Hürden und Unsichtbarkeit. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 80.000 Menschen in Österreich an einem postakuten Infektionssyndrom (PAIS) leiden, zu dem ME/CFS zählt. In der Steiermark sind viele dieser Betroffenen Frauen, darunter zahlreiche junge Menschen. Oft reicht es schon, einfache alltägliche Handlungen wie das Zähneputzen oder ein kurzes Gespräch auszuführen, um in eine tiefe Erschöpfung zu fallen. Diese „Post-Exertionelle Malaise“ führt zu grippeähnlichen Symptomen, unerträglichen Schmerzen und wochenlanger Bettlägerigkeit – selbst die banalsten Aufgaben können zur großen Herausforderung werden.
„Menschen mit ME/CFS fühlen sich häufig isoliert: Sie erhalten oft keine Diagnose, ihre Ansprüche auf medizinische Leistungen sind begrenzt und es fehlen verlässliche Anlaufstellen. Die Erkrankung sollte allerdings nicht vom Einkommen oder Wohnort abhängen. Wir benötigen ein umfassendes Versorgungssystem, und das möchten wir mit unserer Aktion verdeutlichen“, betont der Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer.
Im September 2024 wurde an der MedUni Wien ein nationales Referenzzentrum ins Leben gerufen, das auf Forschung fokussiert ist. Allerdings fehlen dort Behandlungsmöglichkeiten. In ganz Österreich existieren nur wenige Mediziner:innen, die die modernsten Richtlinien anerkennen und entsprechend behandeln, darunter auch einige in Graz. Dennoch sehen sich diese Fachärzte häufig gezwungen, Aufnahmehaltungen zu verhängen. Der Bedarf ist enorm: Bis zu 40 Neueingänge pro Woche sind keine Seltenheit, und Anfragen kommen sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland. Viele Betroffenen werden im Gesundheitswesen im Kreis geschickt, da sie nicht in bestehende Fachdefinitionen passen. Das hat zur Folge, dass sie oft arbeitslos werden, keine soziale Absicherung haben und sich ihre Symptome weiter verschlechtern.
Die unzureichende medizinische Versorgung und die damit verbundenen Schwierigkeiten zeigen, wie dringend eine umfassende Aufklärung und Reform des Gesundheitssystems notwendig sind.